Zum Tod von Hans-Dietrich Genscher

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Wieder ist ein großer Politiker Deutschlands verstorben: Hans-Dietrich Genscher. Er verstarb im Alter von 89 Jahren in seinem Haus im Ortsteil Pech Gemeinde Wachtberg, an Herz-Kreislauf-Versagen.

Der gläubige protestantische Christ, hatte durch zahlreiche Begegnungen auch ein persönliches Verhältnis zu Papst Johannes Paul II. entwickelt.

Hans Dietrich Genscher wurde am 21. März 1927 in Reideburg geboren. Von 1958 bis 1966 war er mit Luise Schweitzer verheiratet. Aus dieser Ehe ging die Tochter Martina hervor, die mit Reinhardt Zudrop verheiratet ist. Seit Oktober 1969 war Genscher mit seiner früheren Sekretärin Barbara, geb. Schmidt, verheiratet. Er lebte seit 1977 im Ortsteil Pech der wo er in seinem Haus im Alter von 89 Jahren an starb.

Hans-Dietrich Genscher wuchs in einem bürgerlich-bäuerlichen und nationalkonservativen Milieu auf. Der Sohn des Juristen Kurt Genscher (Syndikus des Landwirtschaftsverbandes und der Bauerstochter Hilda Kreime, besuchte das Städtische Reformrealgymnasium in Halle (Saale), wo die Familie seit 1933 wohnte.

Hans-Dietrich Genscher im Jahr 2013 bei einem Fernsehinterview.
Hans-Dietrich Genscher im Jahr 2013 bei einem Fernsehinterview.

1943 wurde Genscher Luftwaffenhelfer, absolvierte den Reichsarbeitsdienst im Harz und wurde von Oktober bis November 1944 ins Erzgebirge kommandiert. 1944 wurde Hans-Dietrich Genscher im Alter von 17 Jahren Mitglied der NSDAP. Nach eigener Aussage geschah dies per Sammelantrag ohne sein Mitwissen. Er wollte Reserveoffizier werden und im Januar 1945 meldete er sich deshalb freiwillig zur Wehrmacht, nach eigener Aussage auch, um einer Zwangsrekrutierung durch die Waffen-SS zu entgehen. Er wurde zu den Pionieren in Wittenberg eingezogen. Als Angehöriger der „Armee Wenck“, die in der Schlacht um Berlin eingesetzt war, und im Dienstgrad eines Gefreiten geriet er kurz vor Kriegsende im Mai 1945 zunächst in US-amerikanische und anschließend in britische Kriegsgefangenschaft und arbeitete nach seiner Entlassung im im Juli 1945 als Bauhilfsarbeiter.

Ab Dezember 1945 besuchte er wieder die Friedrich-Nietzsche-Oberschule in Halle und legte ein halbes Jahr später 1946 die Ergänzungsreifeprüfung ab. Trotz seiner schweren Erkrankung an Ruberkulose, an der er 10 Jahre litt, absolvierte Genscher von 1946 bis 1949 ein Studium der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Leipzig. Nach seiner ersten juristischen Staatsprüfung1949 war er bis 1952 Referendar beim Amtsgericht im Oberlandesgerichtsbezirk Halle.

Nach seiner Übersiedlung über West-Berlin in die Bundesrepublik Deutschland am 20. August 1952 arbeitete Genscher als Referendar beim Hanseatischen Oberlandesgericht im Oberlandesgerichtsbezirk Bremen. 1954 legte er das zweite juristische Staatsexamen ab. Danach war er bis 1956 als Anwaltsassessor und Rechtsanwalt in der auf Wirtschafts- und Steuerrecht spezialisierten Anwaltskanzlei Dr. Frick, Büsing, Genscher und Dr. Müffelmann in Bremen tätig.

Seine poltische Laufbahn

Genscher war von 1946 bis 1952 Mitglied der LDP, Landesverband Sachsen-Anhalt. Seit seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik war er Mitglied der FDP.

1954 wurde er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der Jungdemokraten in Bremen gewählt. Von 1956 bis 1959 war er wissenschaftlicher Assistent der FDP-Bundestagsfraktion in Bonn. Von 1959 bis 1965 war er FDP-Fraktionsgeschäftsführer, dabei von 1962 bis 1964 Bundesgeschäftsführer der FDP. 1968 wurde er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt. Vom 1. Oktober 1974 bis zum 23. Februar 1985 war er schließlich Bundesvorsitzender der FDP. In seine Amtszeit als Parteivorsitzender fiel 1982 die Wende von der sozialliberalen Koalition zur Koalition mit der CDU/CSU. 1985 verzichtete er auf das Amt des Bundesvorsitzenden. Nach seinem Rücktritt als Bundesaußenminister 1992 wurde Genscher zum Ehrenvorsitzenden der FDP ernannt.

Genscher war von 1965 bis 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis im Wuppertaler Westen. Er war stets über die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Deutschen Bundestag eingezogen. Von 1965 bis zu seinem Eintritt in die Regierung Brandt 1969 war er Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion.

Er war von 1969 bis 1974 Bundesminister des Innern sowie von 1974 bis 1992 fast ununterbrochen Bundesminister des Auswärtigen und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, und zwar sowohl unter der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt (SPD) – Kanzler von 1974 bis 1982 – als auch nach dem Regierungswechsel unter Helmut Kohl (CDU). Darüber hinaus war er von 1974 bis 1985 Bundesvorsitzender der FDP.

Genscher gilt als historische Schlüsselfigur, indem er zeitlebens entschlossen und mit großem diplomatischem Geschick für die Überwindung der Teilung Europas und Deutschlands sowie des Kalten Krieges eintrat. Berühmt geworden ist seine (unvollendete) Ansprache „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …“ (das Folgende ging im allgemeinen Jubel unter), mit der er am 30. September 1989 vom Balkon der Prager Botschaft den Tausenden dorthin geflohenen Angehörigen der DDR ihre Ausreise per Sonderzug verkündete.

In seine Amtszeit fiel auch die Geiselnahme israelischer Sportler 1972 während der Olympischen Spiele in München. Genscher stellte sich als Austauschgeisel zur Verfügung, dies wurde von den palästinensischen Geiselnehmern jedoch abgelehnt. Nach dem blutigen Ende der Geiselnahme wies Genscher am 26. September 1972 den Bundesgrenzschutz an, die Anti-Terror-Einheit GSG 9 aufzustellen. Als Konsenspolitiker hatte er 1970 die Deutsche Sportkonferenz gegründet, in der wie bei einem Runden Tisch alle Verantwortlichen aus Bund, Ländern und Gemeinden sowie dem Deutschen Sportbund und den Landessportbünden paritätisch zusammenwirkten. 2014 bezeichnete er das Scheitern der Geiselbefreiung als den Tiefpunkt seiner Karriere.

Im Dezember 1976 akzeptierte die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York den Vorschlag von Genscher über eine Anti-Terrorismus-Konvention, worin unter anderem festgelegt wurde, auf Forderungen von Geiselnehmern unter keinen Umständen einzugehen. Im Zusammenhang mit dem NATO-Doppelbeschluß vermittelten Bundeskanzler Schmidt und Außenminister Genscher in Moskau, danach war die sowjetische Führung bereit, mit den Vereinigten Staaten über Mittelstreckenwaffen (Intermediate Nuclear Forces/INF) zu verhandeln.

Nach dem Rücktritt von Willy Brandt und der Wahl von Walter Scheel zum Bundespräsidenten wurde Genscher am 16. Mai 1974 Außenminister und Vizekanzler. Nach einem früheren Rücktritt wurde Genscher am 4. Oktober 1982 Genscher wieder Außenminister und Vizekanzler in die Bundesregierung zurück.

Von 1984 bis 1985 war er Präsident des NATO-Rates und Präsident des Ministerrates der Westeuropäischen Union. Als Außenminister stand er für eine Ausgleichspolitik zwischen Ost und West und entwickelte Strategien für eine aktive Entspannungspolitik und die Weiterführung des Ost-West-Dialogs mit der UdSSR, sowie das Zusammenwachsen der EG. Besonders ab 1987 warb Genscher für eine „aktive Entspannungspolitik“ als Antwort des Westens auf die sowjetischen Bemühungen. Er hatte großen Anteil an der europäischen Einigung und am Gelingen der deutschen Wiedervereinigung, über die er 1990 mit seinem Amtskollegen aus der DDR, Markus Meckel verhandelte.

Im Spätsommer 1989 erreichte er die Ausreiseerlaubnis für diejenigen Bürger der DDR, die in die bundesdeutsche Prager Botschaft geflüchtet waren. Daneben setzte er sich für eine wirksame Unterstützung der politischen Reformprozesse vor allem in Polen und Ungarn ein.

Im November 1990 unterzeichnen Genscher und sein polnischer Amtskollege Krzysztof Skubiszewski in Warschau den deutsch-polnischen Grenzvertrag über die Festlegung der Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze.

Im Juli 1984 besuchte er als erster westeuropäischer Außenminister seit der islamischen Revolution von 1979 die iranische Hauptstadt Teheran.

Am 18. Mai 1992 schied Genscher auf eigenen Wunsch aus der Bundesregierung aus, der er insgesamt 23 Jahre angehört hatte. Seine Entscheidung hatte er drei Wochen zuvor, am 27. April 1992, bekannt gegeben. Damals war er Europas dienstältester Außenminister.

Weitere Positionen die Genscher inne hatte

1994/1995 war Genscher Honorarprofessor am Otto-Suhr-Institut für Politische Wissenschaft der Freien Universität Berlin. 1998 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der WMP Eurocom AG Berlin (Kommunikationsberatung in den Bereichen Wirtschaft, Medien und Politik). Von 1999 bis Dezember 2010 war er als Rechtsanwalt für die Sozietät Büsing, Müffelmann & Theye (Büro Berlin) tätig. Seit dem Jahr 2000 war er geschäftsführender Gesellschafter der Hans-Dietrich Genscher Consult GmbH. Von 2001 bis 2003 war Hans-Dietrich Genscher Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Er war Ehrenpräsident der Europäischen Bewegung Deutschland, deren Präsident er von 1992 bis 1994 war sowie Ehrenbürger der Stadt Halle, in die sein Geburtsort Reideburg 1950 (gehörte zum Saalkreis) eingemeindet wurde, und in der er seine Ausbildung erhielt. Er war auch Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen. Im Sommersemester 2002 war er dritter Inhaber der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er war Mitglied bei der Initiative Global Zero.

Seit 1995 verleiht die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. alle zwei Jahre den Hans-Dietrich-Genscher-Preis an Menschen, die sich in der Notfallrettung oder der Rettungsmedizin besonders verdient gemacht haben. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert. Der Preis trägt Genschers Namen, weil der Politiker in seiner Zeit als Bundesinnenminister maßgeblich dafür eingetreten war, dass heute in Deutschland über 30 Rettungshubschrauber im Einsatz sind.

Genscher, der 18 Jahre sein Amt als Außenminister inne hatte gilt zu Recht als Architekt der deutschen Wiedervereinigung. Frank-Walter Steinmeier würdigte ihn als einen „großen Deutschen und einen großen Europäer“, der deutsche und europäische Geschichte geschrieben hat. (Text und Foto: Wikipedia)

Anmerkung: Anlässlich des Todes des ehemaligen deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher legt die Deutsche Botschaft Bangkok am 4. April 2016 von 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr sowie am 5. und 6. April 2016 jeweils von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr ein Kondolenzbuch aus.

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