Warum protestieren die Menschen eigentlich in Thailand?

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Die Demonstranten in Bangkok bekämpfen den ehemaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, der durch einen Militärputsch im Jahr 2006 entmachtet wurde, nachdem er wegen Korruption und Missachtung des Monarchen, König Bhumibol Adulyadej, angeklagt wurde und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurde, woraufhin er flüchtete. Die Demonstranten betrachten die derzeitige Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra, Thaksins jüngere Schwester, als seine Vertreterin, die seine Befehle, die er aus seinem selbst gewählten Exil gibt, ausführt.

Es gab seit dem Putsch mehrere Runden von Protesten und Zusammenstößen zwischen Gegnern und Befürwortern Thaksins, aber die aktuellen Unruhen sind Yingluck’s größte Herausforderung seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2011.

Die Demonstranten wollen Yingluck und ihre regierende Pheu Thai Partei stürzen, aber Protestführer Suthep Thaugsuban meint, das das nicht genug sei. Er forderte die Einrichtung eines „Volksrates“, um einen neuen Premierminister und eine neue Regierung zu wählen. Thailand hat derzeit ein parlamentarisches System unter einer konstitutionellen Monarchie. Sein Vorschlag ähnelt dem der Gelbhemden im Jahr 2008 – die Volksallianz für Demokratie. Sie wollten, dass weniger Abgeordnete direkt gewählt werden und mehr durch die politische Elite des Landes ernannt werden.

Nach einigen großen Demonstrationen haben die Demonstranten, die sich mit der oppositionellen Demokratischen Partei verbunden haben, bereits mehrere Regierungseinrichtungen besetzt. Die Taktik ähnelt der früherer Proteste, bei denen Thaksin-Gegner das Büro des Ministerpräsidenten und sogar zwei Flughäfen Bangkoks besetzt hatten.

Diese Taktiken stellen eine große Herausforderung für die Behörden dar, die das Risiko eingehen, ihr Gesicht und die Kontrolle über die Situation zu verlieren, wenn sie die Besetzung der Einrichtungen zulassen. Sie riskieren ebenso, die Änderung der öffentlichen Meinung, wenn sie Gewalt anwenden, um die Demonstranten zu vertreiben. Die Polizei hat zwar ihre Stärke an möglichen kritischen Zielen zur Schau gestellt, aber die Demonstranten konnten dennoch in die schlecht bewachten Einrichtungen eindringen.

Die Demokraten hatten eine Misstrauensdebatte im Parlament erwirkt, in deren Ergebnis allerdings der Misstrauensantrag gegen Yingluck abgelehnt wurde. Ebenso wurden Petitionen bei Gerichten und unabhängigen staatlichen Stellen eingereicht, um Abgeordnete der Regierungspartei wegen angeblicher Verstöße gegen das Gesetz abzusetzen. Die Demonstranten beschuldigen die Regierung Yingluck der Korruption und des Machtmissbrauchs.

Einige Elemente hoffen anscheinend, dass die Situation chaotisch genug wird, um der Armee als Vorwand für ein Eingreifen zu dienen, so wie 2006 geschehen.

Yingluck und ihre Pheu Thai-Partei haben bei der Wahl 2011 die absolute Mehrheit gewonnen und haben ihre Position dazu genutzt, verschiedene Maßnahmen im Parlament durchzupeitschen und moralische und rechtliche Verfahren außer acht gelassen.

Korruption war unter jeder thailändischen Regierung ein Problem. Der Milliardär Thaksin, dem auch ein Telekommunikations – Imperium gehörte, war in mehrere Interessenkonflikte verstrickt. Die Kritik an Yingluck richtet sich zwar auch auf persönliche Korruption und ihre Abhängigkeit vom großen Bruder, aber auch auf ihre Politik, insbesondere ihre Unterstützung eines umfassenden Amnestiegesetzes, welches Thaksin erlaubt hätte, nach Thailand zurückzukehren ohne ins Gefängnis zu kommen und all sein eingezogenes Geld wieder zurück zu bekommen.

Thaksin ist in den – in jeder Richtung – minderbemittelten ländlichen Gebieten Thailands beliebt, wo die Wähler dankbar waren für die von ihm eingeleiteten populistischen Programme. Pro-Thaksin-Parteien haben mühelos die beiden Wahlen seit dem Putsch im Jahr 2006 gewonnen – wie immer sie dies auch geschafft haben, bleibt dahin gestellt. Aber seine Gegner wollen den Thaksinismus endlich vom Tablett haben, weil sie behaupten, dass Thaksin auch aus der Ferne noch alle Fäden in der Hand hält und diese – wie behauptet wird – zu seinem eigenen finanziellen und politischen Nutzen verwendet.

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