Wie wird aus einer Försterstochter aus Kärnten eine Shan-Prinzessin, eine Mahadevi? Ganz einfach: man studiert in den USA – Inge Eberhard hatte nämlich als eine der ersten Österreicherinnen ein Fulbright-Stipendium und somit die Möglichkeit erhalten, in den Vereinigten Staaten englische Literatur zu studieren. Dann lernt man einen burmesischen Mit-Studenten in den USA kennen, verliebt sich und heiratet ihn.
Die unglaubliche Lebensgeschichte der Inge Sargent wurde von ihr selbst in dem Buch „Twilight over Burma“ (Dämmerung über Burma – ISBN 3-404-61920-X –83 KB) beschrieben und letztendlich nun auch verfilmt.
In Deutschland wurde dieser Film, eine Co-Produktion von DOR Film, ARD und ORF unter der Regie von Sabine Derflinger, bereits Ende März diesen Jahres in Deutschland (ARD) und Österreich (ORF) gezeigt. In Thailand fand die Uraufführung am 26. Mai 2016 im Art & Cultur Center in Bangkok unter der Schirmherrschaft der Österreichischen Botschaft statt.
Die beiden Hauptdarsteller des Films, die hinreißende Deutsche Maria Ehrich (Mahadevi Sao Thusandi) und der Thailänder Daweerit Chullasapya (Prinz Sao Kya Seng), sowie deren beider „Filmkinder“ waren bei der Bangkok Premiere anwesend, zu der hochrangige Politiker aus Thailand und von ausländischen Botschaften, sowie Österreicher in Thailand eingeladen worden waren. Vor der Filmvorführung gab es unter Leitung von Österreichs Botschafter Enno Drofenik eine Pressekonferenz und danach einen Empfang für die VIPs.
Der Film erzählt – genau wie das Buch – auf einfache, bildliche Weise über Inge‘s märchenhaftes Leben als Shan-Prinzessin im Burma der Nachkriegsjahre. Es erzählt aber auch, wie ihr Glück tragisch zerbricht. Eine wahre Geschichte, die einen authentischen Blick hinter den Bambusvorhang wirft, auf ein grausames Regime in einem der schönsten Länder Asiens.
Der Film beginnt am 11. Mai 1963 als eine Pan-Am-Maschine vom holprigen Flugfeld des Mingaladon-Airports Richtung Kalkutta abfliegt. Mahadevi Sao Thusandi und ihre beiden Töchter Mayari und Kennari sitzen darin auf der Flucht vor dem Regime in Burma. In ihrer Angst, dass ihre Flucht bemerkt wird und das Flugzeug zur Umkehr gezwungen wird, lässt sie die vergangenen neun Jahre, die sie in den Shan Bergen verbrachte, noch einmal Revue passieren. Diese Jahre, die sie mit ihrer großen Liebe, dem Shan Prinzen Sao hatte und die ihr bis vor zwei Jahren ein glückliches und erfülltes Leben schenkten. Denn zwei Jahre vergingen seit ihr Ehemann von der Militärregierung verhaftet, verschleppt und vermutlich ermordet wurde. Geblieben sind ihr nur ihre beiden Töchter, ihr goldener Ehering, drei Koffer und ihre Erinnerungen. Mit dieser Flucht aus Burma endete ihr Leben als Mahadevi, das sie 1954, fast ein Jahr nach ihrer Eheschließung am 7. März 1953 bei ihrer Ankunft inShan-Reich begann und sie wurde wieder Inge aus Österreich.
Rückblick: Bei ihrer Ankunft mit der SS Warwickshire im Hafen von Rangun wundert sich Inge warum so ein riesiges Empfangskomittee da ist und auf ihre Frage gesteht ihr Sao, dass dieser Empfang ihm gelte, da er der Saophalong von Hsipaw, einem Shan Staat ist. Er hatte ihr dies verschwiegen, weil er wollte, dass sie ihn lieben sollte und nicht seinen Rang.
Hsipaw wird nun Inge‘s neue, exotische Heimat und sie erhält auch einen neuen Namen, der einer Shan Prinzessin angemessen ist: Thusandi und sie wird gleichzeitig zur Mahadevi, zur Himmlischen Regentin, erhoben.
Während Thusandi sich um den Haushalt und ihre Pflichten als Prinzessin kümmerte – sie setzte sich neben vielen anderen Neuerungen auch besonders für die Modernisierung von Entbindungsstationen ein, da die Säuglingssterblichkeit mit 75 Prozent enorm hoch war, begann Sao sein Land im Eiltempo zu reformieren. Er verschenkte seine Reisfelder an mittellose Bauern, importierte landwirtschaftliche Gerätschaft, darunter auch Sensen und Sicheln aus Wolfsberg. Er reaktivierte eine Salzmine, forcierte den Anbau von Orangen und Ananas. Sein ehrgeiziges Ziel war: eines Tages das Feudalsystem und damit auch sich selbst als Saophalong abzuschaffen. Mittlerweile wurde das Herrscherpaar Eltern von zwei Töchtern, Mayari und Kennari. Das Glück schien perfekt zu sein.
Aber es täuschte. Die Stimmung im Land war hochexplosiv. Die junge, nach der Unabhängigkeit von Englands Kolonialherrschaft gegründete burmesische Union stand politisch auf wackligen Beinen. Minderheiten wie die Shan, Karen und Kachin wurden von den Burmesen benachteiligt und unterdrückt. Nach der Ermordung des Volkshelden Aung San – dem Vater von Freiheitskämpferin Aung San Suu Kyi – gingen General Ne Win (hervorragend gespielt von Sahajak Boonthanakit) und sein burmesisches Militär auf starke Konfrontation mit den nach Autonomie strebenden Völkern. Speziell Sao wurde wegen seiner Reformen und demokratischen Pläne misstraut.
Ne Win, dessen Wutausbrüche gefürchtet waren, war nicht nur machthungrig und dadurch gefährlich, sondern er litt auch unter einer bipolaren Störung, war manisch-depressiv und paranoid und in psychiatrischer Behandlung bei Professor Hans Hoff, einem Wiener Arzt.
Am 2. März 1962 putschte das Militär auf gewalttätige Weise, viele Menschen wurden bestialisch ermordet und der geisteskranke Ne Win kam an die Macht. Die Mahadevi wurde unter Hausarrest gestellt. Der Prinz wurde verhaftet und saß wochenlang verzweifelt in einem Bambusgefängnis, spürend, dass seine Zeit gekommen war. Ein loyaler Shan-Wachposten brachte seine letzte Nachricht an die Mahadevi. Thusandi bedrängte nun die Machthaber, damit sie ihren Ehemann im Gefängnis besuchen darf, aber die Militärs bestritten, den Prinzen verhaftet zu haben.
Elf Monate voll Ungewissheit vergehen, dann werden Thusandi und ihre Kinder von Freunden nach Rangun gebracht, wo sie im Diplomaten- und Ausländer Viertel am Inya Lake wohnen. Der österreichische Außenminister Bruno Kreisky intervenierte und bietet bei seinem burmesischen Amtskollegen ein Exil für die Prinzenfamilie an. Aber Thusandi wollte warten, sie hoffte noch immer auf die Rückkehr ihres Ehemannes.
Mittlerweile verarmte Burme, die Reisschale Asiens, immer mehr und unterlag der willkürlichen Verstaatlichungen der Militärjunta Ne Wins. Geschäftsleute, darunter viele Inder, wurden enteignet, deportiert oder waren unter jenen, die plötzlich spurlos verschwanden. Nun sah auch Thusandi ein, dass sie und ihre Kinder sich in akuter Lebensgefahr befanden. Eine dänische Diplomatin brachte Thusandis Reisepass zur österreichischen Botschaft nach Bangkok. Dort trug ein Angestellter der Botschaft Thusandis Kinder Mayari und Kennari in den Pass der Mutter ein, ein illegales Vorgehen, das der Familie aber zur Flucht nach Österreich verhalf.
1968 heiratete Inge den US-Amerikaner Tad Sargent, der sie bei der Gründung der Flüchtlings-Hilfsorganisation „Burma Lifeline“ unterstützte. Heute, im Alter von 84 Jahren, lebt die ehemalige Shan-Prinzessin aus Österreich zurückgezogen in Boulder, Colorado. Sie hat nie wieder burmesischen Boden betreten. Aber seit mehr als fünfzig Jahren – immer im März – schreiben Inge Sargent und ihre Töchter Mayari und Kennari einen Brief an die Regierung Burmas. Sie verlangen, dass das Regime endlich die Verantwortung für das Schicksal ihres Gatten und Vaters, dem Saophalong von Hsipaw, Prinz Sao Kya Seng, übernimmt. Und seit mehr als fünfzig Jahren haben sie auch in diesem Jahr wieder keine Antwort erhalten…