Wenn es richtig ist, dass einer der ersten Zwischenfälle des
Krieges der Wahrheit entspricht, dann muss man einige bisher akzeptierte „Tatsachen"
nochmals mit größerer Genauigkeit untersuchen.
Die thailändischen und französischen Darstellungen dieses
kurzen Krieges unterscheiden sich etwas, manchmal nur um Kleinigkeiten, aber
gelegentlich ziemlich bemerkenswert. Das trifft besonders auf die Ursachen des
Krieges und besonders auf die Seeschlacht bei Kho Chang zu.
Frankreich und Thailand standen bei zahlreichen Gelegenheiten
ab der Mitte des 19. Jahrhunderts am Rande eines Krieges. Frankreich strebte
erfolgreich danach, sein Kolonialreich in Indochina auszuweiten und Thailand
kämpfte erfolglos darum, einen Rest Kontrolle über seine angeblichen Vasallen
in Laos und Kambodscha zu behalten.
König Rama V. (1868–1910) erkannte, genau wie die
japanischen Meiji Kaiser, die Notwendigkeit einer Modernisierung, besonders des
Militärs. Das Tempo der Modernisierung war aber langsam und Thailand war nicht
in der Lage der Expansion Frankreichs ernsthaft etwas entgegen zu setzen.
Thailand verlor die Kontrolle über Laos und Kambodscha und nur durch das
Eingreifen Großbritanniens entging es weiteren Demütigungen. Großbritannien
hatte sich in Burma und auf der malaiischen Halbinsel festgesetzt und traf mit
Frankreich eine Vereinbarung, Thailand als unabhängigen Pufferstaat zwischen
den beiden Kolonialreichen zu belassen.
Nach dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) warb Thailand
deutsche Berater an, um eine thailändische Armee aufzubauen und auszubilden. Im
Jahre 1935 hatte Thailand eine moderne Armee mit etwa 50.000 Soldaten. Im selben
Jahr gab es einen weiteren Grenzzwischenfall zwischen Thailand und Frankreich
Eine thailändische Holztransportfirma im Besitz von Inta
Bangcongcit sollte im französisch kontrollierten Laos Rundholzstämme erwerben
und diese auf dem Mekong nach Thailand flößen. Angeblich brachen die Franzosen
jedoch die Vereinbarung über den Holztransport und Bangcongcit beschwerte sich
aus diesem Grund bei den französischen Behörden. Als Antwort darauf wurde
Bangcongcit verhaftet, geschlagen und angeblich wurde seine Frau vergewaltigt.
Das veranlasste Thailand eine offizielle Beschwerde beim Völkerbund
einzureichen. Frankreich wurde aufgefordert eine Wiedergutmachung an Bangcongcit
und seine Frau zu zahlen, aber Frankreich kam dieser Aufforderung nicht nach.
Diese Beschwerde war der Auslöser für Thailand
Neuverhandlungen über eine Anzahl von Abkommen wie Seeschifffahrt, Handel und
Extraterritorial-Angelegenheiten mit 13 Ländern aufzunehmen, darunter
Großbritannien, Frankreich, die Vereinigten Staaten von Amerika und Japan.
Thailand forderte im Jahre 1938 von Frankreich eine Neuverhandlung über ihre
gemeinsamen Grenzen, um ähnlichen Zwischenfällen wie mit Bangcongcit
vorzubeugen. Frankreich lehnte es jedoch wieder ab, in jedwede Art von
Verhandlungen zu treten.